DENKEN OHNE GELÄNDER 2020

»Kein Mensch hat das Recht zu gehorchen« Hannah Arendt

 

Rund um den 27. Januar, den Tag der Befreiung von Auschwitz, lädt ein vielfältiges Programm zu einer Woche des Erinnerns und des Denkens ohne Geländer ein. Filme, Lesungen, Konzerte, Vorträge und Workshops regen dazu an, ins Gespräch über Toleranz, Gewalt und Wege des Miteinanders in der Gesellschaft zu kommen. 

 

Veranstaltet von: Hochschule Magdeburg-Stendal, Theater der Altmark und Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt 

In Zusammenarbeit mit: KinderStärken e.V., Stadtarchiv der Hansestadt Stendal, Gedenkstätte Feldscheune Isenschnibbe, Musikforum Katharinenkirche, Evangelische Stadtgemeinde Stendal, Uppstall Kinos Stendal, KulturKantine, Miteinander e.V., Aktionsbündnis buntes Salzwedel, Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft Jena, SJD »Die Falken Stendal«, Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage

Gefördert von: Landesprogramm »Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit« Sachsen-Anhalt, Bürgerstiftung Stendal, Partnerschaften für Demokratie der Hansestadt Stendal und des Landkreises Stendal

DAS PROGRAMM

20. bis 29. Januar 2020

Montag 20.1., 10 Uhr / Stadtarchiv Stendal

AUFSCHRIFT »UNBEKANNT«

Eröffnung der Woche »Denken ohne Geländer«, Vortrag von Andreas Froese

Unter Beteiligung von Angehörigen der Wehrmacht, des Reichsarbeitsdienstes, des Volkssturms und weiterer NS-Organisationen wurden 1016 KZ-Häftlinge in der Isenschnibber Feldscheune am Stadtrand von Gardelegen grausam ermordet. 305 Opfer des Massakers konnten identifiziert werden. Die übrigen wurden mit der Aufschrift »Unbekannt« beigesetzt. Der Leiter der Gedenkstätte Isenschnibbe Andreas Froese spricht über die Geschichte und aktuelle Planungen des Lern- und Begegnungsortes. Studierende präsentieren selbstgestaltete Plakate zum heutigen Antisemitismus und Möglichkeiten der Prävention.


Montag 20.1., 18 Uhr / Hochschule Magdeburg-Stendal, Breite Straße 63, Raum 0.01

DIESES SICH WOHLFÜHLEN IST EIN ZARTES GEBILDE

Vortrag über Antisemitismus aus Betroffenenperspektive

Der Anschlag von Halle war erschütternd und viele Menschen fragen sich, wie Antisemitismus effektiver begegnet werden kann. In Berlin können betroffene Personen und Zeug*innen antisemitische Vorfälle der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) melden – ein Projekt, das nun auch in anderen Bundesländern Schule macht. Benjamin Steinitz, Geschäftsführer des Bundesverbands RIAS e.V., stellt Verfahren und Ergebnisse dieses zivilgesellschaftlichen Monitoringverfahrens vor, das Eindrücke über die Häufigkeit antisemitischer Vorfälle, deren Formen und politisch-gesellschaftliche Hintergründe liefert.


Dienstag 21.1., 18 Uhr / Wunder.Bar, Kleine Markthalle 

WEIL ES UNS ANGEHT

Retrospektive 5 Jahre Studierenden-Projekte »Denken ohne Geländer« 

Studierende initiierten 2015 die Veranstaltungswoche, befassen sich seitdem mit Antisemitismus und Holocaust und teilen ihre Gedanken in unterschiedlichen Formen mit der Öffentlichkeit. Die Retrospektive zeigt mit einer durch Lesung, Kurzfilm und Präsentationen ergänzten Ausstellung (un)veröffentlichte studentische Projektarbeiten aus fünf Jahren »Denken ohne Geländer«.


Mittwoch 22.1., 16 Uhr / Kleine Markthalle

DEMOKRATIE LEBT! 

Engagement gegen Antisemitismus / Demokratie- und Engagementförderung in Sachsen-Anhalt

Marcus Wolff von der Stabsstelle Demokratie- und Engagementförderung im Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration spricht mit Gästen über Präventionsmaßnahmen gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus im Rahmen des »Landesprogramms für Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit in Sachsen-Anhalt«.


Mittwoch 22.1., 19 Uhr / Hochschule Magdeburg-Stendal, Haus 3, Kellerraum

AUSLÖSCHUNG DER GRAUZONE

Der Vortrag des Regisseurs und Videokünstlers Arne Vogelgesang stellt die jüngere Geschichte performativer rechter Medienstrategien im Internet dar – von der strategischen Wortergreifung bis zur Schaffung »alternativer« Mediennetzwerke, vom Fackelmarsch bis zu multimedialen Werbekampagnen, von der politischen Egomaschine des Vlogs bis in den post-ironischen Faschismus der neuen rechten Trollfront. Im anschließenden Gespräch werden diese Phänomene und eigene Erfahrungen miteinander diskutiert.


Donnerstag 23.1., 9 Uhr / Uppstall Kinos Stendal

WIR SIND JUDEN AUS BRESLAU

Filmvorführung und Nachgespräch mit Studierenden

Sie waren jung, blickten erwartungsfroh in die Zukunft und fühlten sich in Breslau, der Stadt mit der drittgrößten jüdischen Gemeinde in Deutschland, beheimatet. Die Machtübernahme der Nationalsozialisten war eine radikale Zäsur. 14 Zeitzeugen stehen im Mittelpunkt eines Films von aktueller Brisanz, der ein eindringliches Zeichen setzt gegen stärker werdende nationalistische und antisemitische Strömungen in Europa. 


Donnerstag 23.1., 20 Uhr / Theater der Altmark, Kaisersaal

ERINNERN UND VERDRÄNGEN?

Gespräch über die Aufarbeitung der NS-Verbrechen in der DDR im Rahmen der Zeit.Zeugen-Veranstaltung

In der DDR war der Antifaschismus Staatsdoktrin. Die Legitimation des SED-Staates fußte auf dem Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Die Frage nach der Schuld am Holocaust stand nicht an zentraler Stelle, sondern wurde vielmehr auf die Bundesrepublik abgewälzt. In einem Podiumsgespräch setzen sich die Literaturwissenschaftlerin Anja Thiele, der Geschichtslehrer Jens Schößler und der Leiter der Gedenkstätte Feldscheune Isenschnibbe Andreas Froese mit der Erinnerungskultur der DDR auseinander.


Freitag 24.1., 10-12 Uhr / Hochschule Magdeburg-Stendal, Treffpunkt: Audimax 

KINDERUNI – ROLLENSPIELE

Textcollage und Kreativangebot von Studierenden für Schüler*innen der 9. Klasse

Studierende kommen über authentische Erzählungen von Kindern und über Kinder ins Gespräch mit Schüler*innen. Aus verschiedenen Perspektiven von Kindern, die während der NS-Zeit in Opfer- oder Täterfamilien lebten, und von denen, die heute ideologischen Manipulationen ausgesetzt sind, ergibt sich ein differenziertes Bild. Der Workshop will altersgerecht an das Thema Holocaust und Antisemitismus heranführen und zum Nachdenken über heutige Fragen des Miteinanders anregen. 


Freitag 24.1., 10-11.30 Uhr / Hochschule Magdeburg-Stendal, Treffpunkt: Audimax

RUBIN’S COLORS 

Informationsgespräch für Lehrkräfte und Schulsozialarbeiter*innen  

Der Künstler Hans Molzberger erinnert Schüler*innen in seinem Kunstprojekt mit bunten Glasschmetterlingen an die 1,5 Millionen jüdische Kinder, die von den Nationalsozialisten ermordet wurden. Das Informationsgespräch richtet sich an alle Altmark-Schulen. 


Freitag 24.1., 15 Uhr / Treffpunkt: Kleine Markthalle

Samstag 25.1., 10-17 Uhr / Stadtteilbüro Stadtsee, Adolph-Menzel-Straße 18

JÜDISCHES LEBEN IN STENDAL

Digitaler Jugendworkshop ab 12 Jahren 

Die »Falken Sachsen-Anhalt« laden dazu ein, mit Dokumenten aus dem Stadtarchiv Stendal die jüdische Geschichte in Stendal zu erforschen. Erinnert wird an das Leben jüdischer Stendaler*innen, das mit dem Holocaust gewaltsam beendet wurde. Die digitale Erkundungstour mit der App »Actionbound« soll gemeinsam er- und überarbeitet werden. 


Freitag 24.1., 16 Uhr / Hochschule Magdeburg-Stendal, Haus 2, Raum 0.05

UND WIEDER UND WIEDER?

Gesprächs-Workshop mit Anja Thiele und Studierenden

Studierende wollen der Frage nachgehen, welche Parallelen es zwischen den Manipulationen der Zeit des Nationalsozialismus und heutigen menschenverachtenden Meinungsbildungen gibt. Dazu diskutieren sie mit Anja Thiele, wissenschaftliche Referentin am Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft der Thüringer Dokumentations- und Forschungsstelle gegen Menschenfeindlichkeit in Jena, über die aktuelle Bedeutung geschichtsrevisionistischer Positionen sowie deren Ursachen, Erscheinungsformen und Wirkungsweisen. Welche Strategien gibt es gegen aktuellen Rassismus und Antisemitismus?


Freitag 24.1., 19.30 Uhr / Kulturkantine, Kaisersaal

FOYAL & FRIENDS

Bandtreffen mit Folk- und Weltmusik 

Die Magdeburger Band FOYAL hat sich zuerst eher traditionellem Klezmer, Musik des Balkan und der Roma, später auch bretonischem und irischem Folk verschrieben. Sie geht dabei eigene musikalische Wege mit dem Ziel, authentisch zu bleiben. Die Musiker*innen verstehen und leben Musik als Welt-Sprache. Zu diesem Abend haben sie musikalische Freunde arabischer und israelischer Bands eingeladen.


Samstag 25.1., 19.30 Uhr / Cordatussaal am Dom

VERBRECHEN GEGEN DIE MENSCHLICHKEIT

Vortrag von Dr. Raffi Kantian und Lesung mit TdA-Schauspieler*innen aus Franz Werfels Roman »Die vierzig Tage des Musa Dagh«

Als Reaktion auf eine Erklärung der Entente-Mächte vom 24. Mai 1915, in der der »Ausrottungsfeldzug gegen die Armenier« als »Verbrechen gegen die Menschlichkeit« verurteilt wurde, erließ die türkische Regierung ein Deportationsgesetz. Ziel war die Enteignung und gänzliche Ausrottung aller Armenier*innen - ein Völkermord. Dr. Raffi Kantian, Vorsitzender der Deutsch-Armenischen Gesellschaft, spricht über die Ereignisse und den schwierigen Weg der Anerkennung der Verbrechen. Franz Werfels Roman erschien 1933 und verarbeitet literarisch den armenischen Widerstand auf dem Berg Musa Dagh. Er erzählt vom Mut und der Unmacht derer, die den Völkermord verhindern wollten. 


Sonntag 26.1., 15 Uhr und Montag 27.1., 10 Uhr / Theater der Altmark, Kaisersaal

KIRSCHENDIEBE ODER ALS DER KRIEG VORBEI WAR

Kinderbuchlesung für Kinder ab 9 Jahren

In der von Theater und Hochschule gemeinsam veranstalteten Lesereihe »Wenn die Welt plötzlich anders wird« liest die Autorin Anke Bär aus dem Kinderbuch »Kirschendiebe oder als der Krieg vorbei war«. Kindgerecht wird über die Nachkriegszeit des Zweiten Weltkriegs erzählt, über Fragen der Kinder, die Schwierigkeiten der Erwachsenen, sich zu erinnern, und über die Ohnmacht im Dialog der Generationen. 


Montag 27.1. / Stendal, Gardelegen, Salzwedel

GE(H)DENKEN 

Weitere Gedenkveranstaltungen in der Altmark

Am Stendaler Friedhof Georgenstraße findet die Kranzniederlegung der Hansestadt Stendal für die Opfer des Nationalsozialismus statt. Die Hansestadt Gardelegen führt in der Gedenkstätte Feldscheune Isenschnibbe eine Gedenkveranstaltung durch. In Salzwedel sind Gedenkveranstaltungen am Mahnmal Ritzer Brücke und an der Gedenktafel des KZ-Außenlagers Neuengamme in der Gardelegener Straße geplant. 


Montag 27.1., 19 Uhr / Musikforum Katharinenkirche

DEN NAZIS EINE SCHALLENDE OHRFEIGE VERSETZEN

Kammerkonzert und Lesung mit dem Bläserquintett Ensemble OPUS 45 und Schauspieler Roman Knižka 

»Den Nazis eine schallende Ohrfeige versetzen«, wollte der überzeugte Pazifist Konrad Reisner, der gemeinsam mit Willy Brandt u.a. eine Kampagne initiierte, um den Journalisten und Herausgeber der Zeitschrift »Die Weltbühne« Carl von Ossietzky aus dem KZ zu befreien. Das Programm vereint Werke von Komponisten, die zu Opfern der nationalsozialistischen Diktatur und des Holocausts wurden. Gelesen wird aus Klassikern der Widerstandsliteratur unter anderem von Bertolt Brecht, Kurt Tucholsky, Mascha Kaléko oder Erich Kästner. Kostenfreie Karten sind an der Theaterkasse oder an der Kasse des Altmärkischen Museums erhältlich.


Dienstag 28.1., 10.30 Uhr / Aula der »Adolph Diesterweg« Sekundarschule Stendal

JUGEND ERINNERT

Gedanken und Eindrücke zur Gedenkstättenfahrt 

Eine Delegation von Schüler*innen der vier Titelschulen »Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage« des Landkreises Stendal besuchte im Oktober 2019 das ehemalige Vernichtungslager Treblinka. Das Erlebte soll mit allen Interessierten geteilt werden.


Dienstag 28.1., 16 Uhr / Hochschule Magdeburg-Stendal, Audimax

KINDER DES WIDERSTANDES

Ringvorlesung über Nachkommen des Widerstandes und Opfer der NS-Verfolgung 

Der Journalist und Mit-Initiator der Gruppe »Kinder des Widerstands«, Ulrich Sander von der »Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten« und Mitglieder des »Nachkommen Netzwerk Berlin« berichten über Erfahrungen des Exils und des Widerstands. Eine weitere Ringvorlesung über den jüdischen Reformpädagogen Janusz Korczak findet am 4. Februar statt.


Dienstag 28.1., 18 Uhr / Kleine Markthalle

FAKE NEWS – NICHT MIT MIR!

Informationsveranstaltung der Initiative »Herz statt Hetze«

Falschmeldungen über Migranten schüren im Netz Ängste und Rassismus. Lokale und überregionale Beispiele werden aufgedeckt und widerlegt. Was sind die wahren Hintergründe und wie gehen wir mit Fake News um?


Mittwoch 29.1., 9.30 Uhr / Aula des Markgraf-Albrecht-Gymnasiums Osterburg

MIT EIGENEN AUGEN

Jugend erinnert – Gedanken und Eindrücke gegen das Vergessen

Osterburger Schüler*innen berichten über ihre Gedenkstättenfahrt ins Vernichtungslager Auschwitz im September 2019. Mit ihrer Präsentation fragen sie u.a.: Wie gehen wir heute mit den Verbrechen der Nationalsozialisten um?


Mittwoch 29.1., 11.30 Uhr / Aula des Markgraf-Albrecht-Gymnasiums Osterburg

ICH WILL ZEUGNIS ABLEGEN

Lesung aus Victor Klemperers Tagebüchern mit Dr. Renatus Deckert

Erschreckend aktuell lesen sich die von 1933 bis 1945 entstandenen Tagebücher von Victor Klemperer, in denen er beschreibt, wie er als protestantischer Konvertit jüdischer Herkunft die Ausgrenzungen aus der nationalsozialistischen Gesellschaft und den zunehmenden Antisemitismus erlebte. 


Frei buchbares Angebot für Jugendgruppen / Schulklassen ab 12 Jahren

SPURENSUCHE

Interaktiver Stadtrundgang auf den Spuren jüdischen Lebens in Stendal 

Über 700 Jahre lebten in Stendal Menschen jüdischen Glaubens. Nach einer Einweisung der SJD »Die Falken Stendal« begeben sich die Teilnehmer*innen mit einem interaktiven Stadtrundgang auf Spurensuche in der Hansestadt. Pro teilnehmender Gruppe wird ein Handy mit Internetverbindung und der installierten App »Actionbound« benötigt. Pro teilnehmender Person fällt 1 Euro für die App-Lizenzen an.


Die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der extrem rechten Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen.